Donnerstag, April 28, 2005

Ab zum Spargelstechen

Die Lebenslüge der deutschen Politik wird ja immer wieder fröhlich weitergesponnen: "Jaja, wir können an der Arbeitslosigkeit mit politischen Mitteln strukturell was verändern." Unglaublich, dass man das immer noch ungestraft in der Öffentlichkeit behaupten darf, ohne für Volksverdummung belangt zu werden.
Nachdem das ganze Thema Arbeitsmarktpolitik also schon lange zum öffentlichen Trauerspiel wurde und wir uns schon damit die Zeit vertrieben haben, zu zählen, wie oft der Außenminister sagt, dass er die Verantwortung für die Fehler in seinem Ministerium übernimmt ohne dabei auch nur in irgendeiner Form Verantwortung zu übernehmen, kommt vom rechten Bühneneingang die Rettung in Person von Christean Wagner. Dieser schnittige Herr mit Hornbrille ist Hessens Justizminister und hat scheinbar zuviele Science-Fiction-Romane gelesen. Als sein politisches Vermächtnis bezeichnet er nämlich die Einführung der elektronischen Fußfessel für Straftäter auf Bewährung. So weit so gut. Jetzt (oder besser gesagt im März) hat eine Pressemitteilung aus seinem Ministerium aber für ein bisschen neuen Schwung in der Diskussion über die Arbeitslosigkeit gesorgt. In dieser Mitteilung ging es nämlich um folgendes:

Wörtlich hieß es in der Pressemitteilung vom 10. März: „Die elektronische Fußfessel setzt bei Straftätern Motivation und Kräfte frei, die mit herkömmlichen Mitteln der Bewährungshilfe nicht erreicht werden können. Die Fußfessel-Träger werden zu einer für ihre Verhältnisse hohen Selbstdisziplin und zur Erfüllung des ihnen vorgegebenen Wochenplans angehalten. Die elektronische Fußfessel bietet damit auch Langzeitarbeitslosen und therapierten Suchtkranken die Chance, zu einem geregelten Tagesablauf zurückzukehren und in ein Arbeitsverhältnis vermittelt zu werden.“ (Quelle: hr-online.de, 28.4.2005)

Ich will dem Justizminister ja nicht mal unterstellen, dass er wirklich die Idee hatte, Langzeitarbeitslose mit eletronischen Fußfesseln zu versehen, wie es sich aus dem letzten Satz des Zitats herauslesen lässt. Ist wohl einfach nur blöd formuliert. Aber sorry lieber Herr Wagner, die Vorstellungen sind einfach zu verlockend, da würde mir ihr Chef Rolle Koch bestimmt zustimmen:
- Zum Spargelstechen eingesetzte Langzeitarbeitslose können mit einer technisch aufgemotzten Version der Fußfessel bei Schichtende per Fernbedienung in den Bus gelenkt werden.
- Sie könnten die Schnaps-Abteilungen von Super- und Getränkemärkten sowie alle Trinkhallen Hessens mit elektronischen Sperren für Langzeitarbeitslose ausstatten. Schließlich sind das ja eh alles Alkoholiker und Taugenichtse, nicht wahr.
- Sinnvolle Erweiterungsmöglichkeit: Ein Speichelkontrollierendes elektronisches Halsband. Damit könnten sie bestimmt bei den Frankfurter Parteifreunden punkten, die jetzt schließlich ein Bußgeld fürs Auf-die-Straße-Spucken einführen wollten.

Aber wem erzähl ich das alles? Wahrscheinlich sind Sie da schon weiter als meine Gedanken. Mit Sicherheit laufen bereits Christian Wulff und Angela Merkel mit einer unsichtbaren Version der Fußfessel herum und in Eschborn sitzt ein feixender Ministerpräsident in seinem zur Kommandostation umgebauten Hobbykeller und überwacht jeden Schritt der beiden letzten verbliebenen Gegner auf dem Weg zu Bundeskanzleramt und Weltruhm.

Dienstag, April 26, 2005

Mainzer Schule

Lehrende der Uni Mainz im Fernsehen als Experten zu sehen, ist ja nichts Neues. Wer hat nicht schon mal den unvermeidlichen Falter bei Christiansen, Mittagsmagazin, Phoenix, Kerner, Sportschau oder Bio-Wetter gesehen? Auch der (Ex-)Wirtschaftsweise (Issers noch?) Peffekoven wurde ab und an mal befragt. Ganz neu ist aber, dass jetzt auch meine beiden Lieblings-Dozenten aus Publizistik, die Doktoren Carsten Reinemann und Marcus Maurer, in den Tagesthemen zu den Befragungen im Visa-Untersuchungsausschuss ausgequetscht werden.
Chapeau die Herren. Da bleibt nur anzumerken, dass diesen beiden im vergangenen Jahr eine vernichtende 0:2 Niederlage im Dozenten-Studenten-Fußballmatch beigebracht wurde und - viel wichtiger - dass sie mir zuletzt doch tatsächlich meine Hausarbeit mit einer schönen runden 1,0 bewertet haben ;-) HA, HA! Wir sehen uns alle dann bei den Tagesthemen nach der Bundestagswahl 2014.

Mittwoch, April 20, 2005

Weißer Rauch in eurem Kopf

Noch keinen Kandidaten für die peinlichste Überschrift der Geschichte? Hier kommt mein Vorschlag: "Wir sind Papst!" (BILD vom 20.4.2005, danke an Franklin für den Hinweis). Das setzt dem ganzen Irrsinn der letzten Tage doch irgendwie die Krone auf (Und da können die BILD-Redakteure an Führers-Geburtstag wenigstens ungestraft Allmachtsphantasien hinterherhängen). Nachdem der ehemalige Papst nach langem Leiden endlich den Weg zu seinem Oberhirten antreten durfte und es danach im deutschen Fernsehen ein bisschen zuging wie in der umgedrehten Fortsetzung von "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" (Ich hab neben Papst, Juhnke, Fürst Rainier und Charles & Camilla die ganze Zeit auf den vierten Todesfall gewartet) jetzt diese Woche die Krönung:
Der/die/das (da waren sie sich nicht so einig) Konklave in Rom. Zwei Tage lang bekommt man auf sieben Kanälen parallel einen alten Schornstein live übertragen. Das hatte in etwa den Unterhaltungswert von Big Brother nachts um 4h, lief aber diesmal hauptsächlich auf öffentlich-rechtlichen- und Nachrichtensendern. Gestern dann die Erlösung und zugleich das Waterloo für einen geschätzten Mann namens Michael Mandlik (Bayerischer Rundfunk, was auch sonst). Hier nur ein paar kleine Auszüge seiner Bewerbung für die Goldene Himbeere als schlechtester Hauptdarsteller 2005:
- "Weißer Rauch, wir sehen weißen Rauch"
- "Ist der wirklich weiß der Rauch. Die Menschen sind sich noch unsicher"
- "Ich bin so glücklich, dass endlich die Glocken läuten"
- "Ratzinger ist ein Mann des Aufbruchs"
- "Gerade die Jugend liegt ihm sehr am Herzen"
- "Er sah so locker und gelöst aus. Man sagt immer er sei hart, aber das ist er gar nicht."
und das Highlight:
- "Die Anspannung der letzten Tage wirkte wie weggebl..., weggeweht."

Also entweder Mandlik eine ganz spezielle Beziehung zu Ratzinger (Was seine Angst vor dem Wort weggeblasen erklären würde) oder er hat zuviel von dem konsumiert worum es in einem Chanson der Gruppe "Creme de la Creme" geht. Dieses Lied trägt passenderweise den Namen "Weißer Rauch" und passt nahtlos in solche Werke der gleichen Combo wie "Titten" oder "Haschischkakalake". Aber da er vom BR ist, hat er ja bestimmt nicht inhaliert. Er kann ja seinen Gesprächspartner von gestern - Uli Wickert - fragen, was dann passiert.

Montag, April 11, 2005

Ja er lebt noch, er lebt noch, er lebt noch...

Zweieinhalb Wochen in Deutschland. Der erste Teil des Kulturschocks ist überwunden - Zeit sich mal wieder dem eigenen Blog zu widmen, der im letzten Monat doch sehr gelitten hat.
So ist es dann also wieder aus dem Auslandssemester zurückzukommen. Es kommt einem ein bisschen so vor, wie in einer dieser Science-Fiction Fantasien, wie zum Beispiel in "Contact" mit Jodie Foster. Während in der Welt nur Sekundenbruchteile vergangen sind, war man selbst für Stunden in einer anderen Welt. Jetzt wirds natürlich leicht abgedreht, aber irgendwie hat sich hier ja überhaupt nix verändert. Nur mit dem Unterschied, dass ganz viele Leute nicht mehr da sind, andere nur noch am Lernen und ich hier kaum noch jemanden treffe, den ich kenne.
In Ermangelung besserer Aufgaben werde ich mich dann jetzt wohl auch mal daran machen, das Studienende in Angriff zu nehmen. Nächster Halt: Hauptseminar mit Examensklausur zum Thema "Parteireformdebatte in Deutschland" HMMM, spannend...